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© Holger Kames 2000, Letzte Aktualisierung: 28.05.2001

 Der Eisenbahnfan Holger Kames

3. Kapitel - In der Lehre (IV)

Der Winter 1977/78 hatte es in sich. Überall herrschte ein regelrechtes Chaos, besonders der Norden Deutschlands war teilweise meterhoch mit Schnee bedeckt.

Bei der Eisenbahn aber mußte es weitergehen und auch wir Lehrlinge mußten mithelfen. An einem Wochenende sollten wir nicht nach Hause fahren, sondern "nur am Sonnabendvormittag" auf dem Freiladebahnhof Schnee von den Gleisen räumen. Ein Kollege der Bahnmeisterei zeigte uns mit ausgestrecktem Arm oder Bein, bis wohin die Gleise seitlich freizuhalten waren. Dieses mutete fast artistisch an, prägte sich aber gerade dadurch in mein Gedächtnis ein. Als ich später einmal auf dieselbe Weise prüfte, ob ich mit meiner Lok ohne Berührung an einem nicht ganz grenzzeichenfrei aufgestellten Wagen vorbeikommen würde, schüttelte ein anwesender Wagenmeister verständnislos den Kopf. Der kannte den Trick nämlich nicht und wollte erst umständlich die Wagen wegrangieren. Aber das war ja gar nicht nötig... Beim Schneeschippen indes erwies sich eine Weiterarbeit auch am Nachmittag des bewußten Sonnabends als erforderlich. Das wurde von uns ohne Murren ertragen. Als jedoch irgendjemand auf die weniger glorreiche Idee kam, daß wir ja auch am Sonntag noch... platzte uns dann doch der Kragen. Kurzerhand traten wir die Fahrt gen Heimat an. Ich kam allerdings nur bis nach Staßfurt, da sich die Weiterfahrt bis in meinen Heimatort Bad Frankenhausen einfach nicht mehr gelohnt hätte. Meine sehr liebe Tante in Staßfurt erklärte sich spontan zum Wäschewaschen bereit... Wenn ich nun schon mal in Staßfurt war, mußte ich selbstverständlich auch die dortige Einsatzstelle besuchen. Den Einsatzstellenleiter höchstpersönlich traf ich übrigens auf der Heizlok beim Kohlenschippen an. Wir kamen recht schnell ins Gespräch und er war so freundlich, mich in die Kantine zu einer aufwärmenden Suppe einzuladen. Ich erzählte ihm von meiner Lehre und von meinen früheren Besuchen in Staßfurt und fragte vorsichtig, ob nicht vielleicht noch irgendwo ein altes Lokschild vorhanden sei... Wenig später verließ ich den Lokschuppen um ein Schild "65 1016-8" und um ein Schild "Deutsche Reichsbahn" reicher. Wohlgemerkt, zu dieser Zeit war noch nicht im Entferntesten daran zu denken, daß ich später einmal in Staßfurt das Heizer- und Lokführerhandwerk erlernen würde...

Zunächst galt es jedoch, bis 1980 die Berufsausbildung und das Abitur zu absolvieren, was auch allen Lehrlingen unserer Klasse mit guten Ergebnissen gelang. Nach und nach hatten wir alle wichtigen Stationen der Fahrzeugaufarbeitung durchlaufen, kannten uns mit allen Einzelheiten der Dieselmotoren 6 KVD 18/21 und 6 VD 18/21 aus, waren vertraut mit sämtlichen Teilen der Druckluftbremse, hatten mit den üblichen Werkzeugen und Materialien umzugehen gelernt und hatten uns auch manchen Kniff und Trick abgeschaut. Kurz und gut, eines Tages und nach vielen mündlichen und schriftlichen Prüfungen hatten wir das Abitur in der Tasche und durften uns stolz "Fahrzeugschlosser" nennen. Ja, wir waren wirklich stolz! Auf uns, auf unsere Eisenbahn (damals war es wirklich noch unsere Eisenbahn!) und auch, wenn wir mal irgendwo einen Triebwagen antrafen, an dem wir mitgearbeitet haben ("He, an dem da habe ich die Türschließzylinder eingebaut. Mann, war das ´ne Fummelei!"). Endlich waren wir Eisenbahner!

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